Wie kann ein angemessenes Einkommen die Bäuerinnen und Bauern in ihrer Unabhängigkeit stärken? In einem Gespräch mit Martin Gerstl, Vertriebsleiter und Unternehmensberater bei LotzApp, beleuchtet die Junge Landwirtschaft Österreich (JLW) innovative Ansätze zur Stärkung der bäuerlichen Direktvermarktung. Außerdem sprechen wir über die Rolle der Digitalisierung in der Landwirtschaft.
Faire Bezahlung dringend notwendig
Ein zentrales Anliegen von Martin Gerstl ist die gerechte Bezahlung der Bäuerinnen und Bauern. Er betont, dass Existenzängste bei Landwirtinnen und Landwirten mitunter Innovationen verhindern. „Man muss die Bäuerinnen und Bauern fair bezahlen, damit sie gut leben können, ohne Existenzangst“, sagt er. „Erst wenn diese Angst weg ist, haben sie den Kopf frei, über neue Methoden der Landwirtschaft nachzudenken.“
In der Produktions- und Lieferkette zwischen Bäuerinnen und Bauern und Endkunden sei ausreichend Geld vorhanden. „Es geht darum, wie es verteilt wird und wer wie viel bekommt“, erklärt Gerstl.
Zwischen Bäuerinnen und Bauern und Endkunden: Effiziente Verteilung von Ressourcen
Ein Modell, das zeigt, wie effizient Ressourcen verteilt werden können, ist Hansalim in Südkorea. Hansalim ist eine Kooperative, die gegründet wurde, um Bäuerinnen und Bauern direkt mit Konsumentinnen und Konsumenten zu verbinden. Das Konzept basiert darauf, regionale Netzwerke zu schaffen, in denen Produkte direkt vom Produzenten zu den Verbrauchern gelangen, ohne die Zwischenhändler, die oft den größten Gewinn einstreichen. Heute hat Hansalim in Südkorea 2,0 Millionen Kunden, über 250 Geschäfte und 3.500 Produzentinnen und Produzenten.
Warum stärkt Hansalim die bäuerliche Direktvermarktung?
Durch die direkte Verbindung von Erzeugern und Verbrauchern können die Bäuerinnen und Bauern gerechter bezahlt werden. Die Genossenschaftsstruktur sorgt dafür, dass die Konsumentinnen und Konsumenten genau wissen, woher ihre Produkte kommen und wie sie produziert wurden. Dies schafft Vertrauen und Transparenz und ermöglicht es den Bäuerinnen und Bauern, ihre Produkte zu fairen Preisen anzubieten, ohne die üblichen Margen, die Zwischenhändler erheben.
„Hansalim hat gezeigt, dass man durch Zusammenarbeit und gerechte Bezahlung eine starke Gemeinschaft aufbauen kann, die sowohl Produzenten als auch Konsumentinnen und Konsumenten zugutekommt“, so Gerstl. „Dieses Modell kann auch in Österreich und Europa erfolgreich umgesetzt werden.“
LotzApp: Ein digitales Ökosystem für die Landwirtschaft
LotzApp ist eine umfassende Softwarelösung, die von Emanuel Becherer gegründet wurde, um die Verwaltung aller Betriebe der Lebensmittelversorgungskette zu vereinfachen. Es ermöglicht diesen Betrieben, ihre Buchhaltung zu verwalten, Rechnungen zu erfassen und auszutauschen und ihre Geschäftsprozesse zu optimieren. Außerdem kann mit LotzApp auch die Direktvermarktung vereinfacht und digitalisiert werden.
Regionalität und Flexibilität: Die Stärken von LotzApp
LotzApp verfolgt von Anfang an einen regionalen Ansatz. Das Ziel ist, dass Sortimente so lokal wie möglich gestaltet werden. Produzentinnen und Produzenten sowie Konsumentinnen und Konsumenten kommen in genossenschaftlichen Supermärkten zusammen und entscheiden gemeinsam über Preise und Sortiment.
„Ein Sortiment muss so regional und lokal wie möglich sein. Wir legen Wert darauf, dass Produzenten sowie Konsumentinnen und Konsumenten auf Augenhöhe miteinander agieren.“
Digitalisierung als Hebel für die Landwirtschaft
Ein wesentlicher Teil der Vision von LotzApp ist die Digitalisierung landwirtschaftlicher Prozesse. Die App soll den gesamten Prozess von der Bestellung bis zur Lieferung optimieren und den Bäuerinnen und Bauern wertvolle Zeit sparen.
„LotzApp wurde speziell für die Bedürfnisse der Lebensmittelbranche entwickelt. Es spart Zeit und erleichtert die Verwaltung enorm.“ Durch die Digitalisierung können Bäuerinnen und Bauern effizienter arbeiten und sich stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.